Paul Fleming

Erbarme du dich meiner Quahlen... (Paul Fleming)

   

    Erbarme du dich meiner Quahlen /

du dicker wüster Heyn /

dem Titans allerhellste Strahlen

doch geben keinen Schein.

Wie dunckel hier ist deine schwartze Höle /

So finster auch ist meine krancke Seele.

    Laß unter deinem stillen Schatten

mein klagen sicher gehn

und höre meinen Sinn / den matten /

sein Leid-lied recht erhöhn.

Den armen Sinn / der seinen Haß auch liebet /

den nichts erfreut / als daß er ist betrübet.

    So muß ich todter dennoch leben?

Ach! kan diß möglich seyn?

Was meiner Seelen Trost soll geben /

das selbst ist ihre Pein.

Ach mir! was ists vor ein verkehrtes Wesen /

das mich bringt ümm von dem will ich genesen.

    Glaubts / wo ihrs anders könnt verstehen /

ihr Blätter ingesammt /

der Pein muß eure Zahl nachgehen

in die ich bin verdammt.

Die Wolge hier hat nicht so viel der Tropffen

als ängste mir an meine Seele klopffen.

    Natürlich ists / das stetigs klagen

uns endlich alle macht.

Ich werd erquickt durch ewigs plagen /

und will seyn ümmgebracht.

Laß sehn ob ich durch Freude denn kan sterben /

dieweil kein leid mich doch nicht kan verderben.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-002455-2
Erschienen im Buch "Deutsche Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.