Gottlieb Konrad Pfeffel

Der Marder (Gottlieb Konrad Pfeffel)

             

Einst ließ der Tiere Großsultan,

Wie es schon oft sich zugetragen,

Durch das Geschrei von einem Hahn

Sich wie ein feiger Hase jagen.

Die Tiere, die ihn laufen sahn,

Verhöhnten ihn. Um diesen Flecken

Auf eine schickliche Manier

Vor seinem Volke zu verstecken,

Befahl der König jedem Tier,

Beim Krähen eines Hahns zu fliehen.

»Es zeigt«, sprach er, »ein Unglück an,

Das nur die Flucht vermeiden kann.«

»Sire«, rief der Marder auf den Knien,

»Wie kann ich dein Gebot vollziehen?

Die Hühner sind mein täglich Brot;

Und statt mich durch sein Krähn zu schrecken,

Läßt mich der Hahn ihr Nest entdecken.«

»Rebell«, erwidert der Despot

Mit einem Blick, der Flammen spritzet,

»Fleuch vor dem Hahn! Brot hin! Brot her!« -

Weh dem, der eine Tugend mehr

Als sein durchlauchter Fürst besitzet.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-87164-032-8
Erschienen im Buch "Skorpion und Hirtenknabe"
Herausgeber: Maximilian Dietrich Verlag