Gottlieb Konrad Pfeffel

Der Marktschreier (Gottlieb Konrad Pfeffel)

     

Zu einem Bucklichten kam einst ein Wundermann:

Ihr wärt, sprach er zu ihm, auf unsrer Hemisphäre

Der schönste Kavalier, wenn nicht der Höcker wäre,

Der euch entstellt, und den ich heilen kann.

Es war ein Fleischgewächs, das ihm schon in der Wiege

Den Rücken überzog. Der hochgeborne Fant

Tat für sein Leben gern galant;

Er glaubt des Abenteurers Lüge,

Und unterwirft sich keck dem Stahl der Chirurgie.

Der Podalirius schwingt mutig seine Pranke;

Er sticht und schabt und ätzt, als wär der arme Kranke

Ein Erbstück der Anatomie;

Und wenn er um Erbarmen schrie,

So wies der Scherer mit gelehrten Blicken

Ihm ein Fragment von seinem Rücken.

Allein beim letzten Schnitt verschied der arme Wicht.

Ein Freund des Märtyrers beschied den Wundertäter

Als einen Mörder vor Gericht.

Er trat ins Parlament und sprach: Erlauchte Väter!

Ein Biedermann hält was sein Mund verspricht;

Ich tats bei dieser Kur. Des Höckers schwere Bürde

Ist weggeschafft; doch das versprach ich nicht,

Daß er daran nicht sterben würde.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-7846-0134-0
Erschienen im Buch "Biographie eines Pudels"
Herausgeber: Langewiesche-Brandt KG