Christian Hofmann von Hofmannswaldau

An Flavien (Christian Hofmann von Hofmannswaldau)

       

WIll das gelücke denn gantz meine feindin werden?

    Stürmt süd / ost / nord und west?

Bin ich ein gauckel-spiel und leichter ball der erden /

    Den Venus fallen läst?

Will keine sonne mehr mein schwartzes haupt berühren?

    Umhüllt mich nichts als nacht?

Will das verhängniß mich an einer kette führen /

    So mich verzweiffelt macht?

Orontes weiß fast nicht was ferner sey zu dencken /

    Zürnt Venus oder du?

Ach gläub es! Flavia / mein leiden und dein kräncken

    Kommt mir und dir nicht zu;

Was hab ich dir gethan / daß du mich nicht wilst kennen?

    Wie heist du meine schuld?

Soll mein verbrechen sich mit rechtem namen nennen?

    So rufft es: Lieb und huld /

Du läst mein auge nicht zu deinen gräntzen dringen /

    Mein auge sonder licht /

Du deckst den schönen mund mit deines schatten schwingen /

    Und kennst mich ferner nicht.

Das basiliscken-gifft / der rauch von allen drachen /

    Der fledermäuse blut /

Kan meiner Flavie nicht solchen eckel machen /

    Als des Orontes glut.

Doch hab ich dich erzürnt / so will ich treulich büssen /

    Es schweret hand und geist.

Wie solte nicht mein blut mit reichen strömen fliessen /

    Wenn du es springen heist.

Solt ich / o Flavia! zu deinen füssen sterben /

    So stürb ich ohne spott;

Denn liebe / so nicht kan die gegenlieb erwerben /

    Ist ärger als der tod.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-008889-5
Erschienen im Buch "Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.