An Algerthen (Christian Hofmann von Hofmannswaldau)
ACh! könte doch mein geist durch meine feder fliessen /
Wie gerne schlöß er sich in diese reimen ein /
Wie emsig würd' er dir die süssen lippen küssen /
Und einer biene gleich auff deinen rosen seyn.
Er würde zärtlich sich auff ihre blätter legen /
Und durch den honig-thau bald trunken seyn gemacht.
Dein purpur würd' in ihm dergleichen trieb erregen /
So nur das paradieß zu erst hat angelacht.
Auff deinen bergen würd' er rothe beeren suchen /
Wohin dringt endlich doch lieb und auch fürwitz nicht?
(Ich muß aus ungedult auff das verhängniß fluchen /
So unlust stählern macht / und lust wie glaß zerbricht.)
So bleibt mein schwacher geist in seinen liebes-schrancken /
Und kommt / wie dieser brieff / Algertha / nicht zu dir /
Verschluckt die hoffnungs-kost / und tränckt sich in gedancken /
Was ich nicht melden kan / verdolmetscht das papier:
Wer offtmahls wenig sagt / thut allzu viel zu wissen /
Nimm meiner liebe pfand / die schlechte reimen / an:
Du wirst das leben mir ie mehr und mehr versüssen /
Wenn ich in deiner gunst seyn und auch sterben kan.
Du schickst mir einen brieff / geziert mit weisser seide /
Mit gold der zierligkeit und perlen ausgeschmückt.
Und meiner der ist schwartz und geht wie ich im leide /
Daraus die Traurigkeit an allen orten blickt.
Algerthe / wo soll ich doch endlich worte finden?
Ach! was gewähr ich dir für deine freundlichkeit.
Es will mich deine faust mit solchen seilen binden /
Die nicht zernagen kan der scharffe zahn der zeit.
Du weist der seelen selbst die fässel anzulegen:
O süsse dienstbarkeit / so nach der freyheit schmeckt!
Du kanst mehr lieblichkeit durch deine hand erregen /
Als nicht in Indien das zucker-rohr verdeckt.
Wie ist dein schöner brieff doch mit zibet bestrichen /
Und wie verschwenderisch ist deiner worte pracht:
Ein iede sylbe will nach mosc und ambra riechen /
So dich zur herrscherin und mich zum sclaven macht.
Doch zeucht vor andern mich dein redliches gemüthe /
So wie ein heller stern aus deinem brieffe dringt.
Es rühret meinen geist und reget mein geblüthe /
Ich fühle wie sein strahl die seele mir bezwingt.
Du zeigst mir unverstellt die reinen liebes-flammen /
Das feuer / das durch dich auch mich zugleiche brennt.
Es reimt sich in der welt doch nichts so wohl zusammen /
Als wenn sich eine brunst der andern freundin nennt.
In dieser wollen wir als Salamander leben /
Die tugend trägt uns stets ihr reines öle zu:
Es wird uns noch die welt das gute zeugniß geben /
Es liebe keiner nicht so rein als ich und du.
Und können wir nicht stets der süssen frucht geniessen /
So schmeckt doch nichts so gut / als wann mans selten schmeckt.
Der wein / der mäßig muß in unsre kehle fliessen /
Hat in dem magen offt die gröste lust erweckt.
Gefahr / verbot und zwang brennt zunder zu der liebe /
Verschloßne thürme sind die sparren unsrer lust /
Erzürnte blicke seyn die schärffsten buhlschaffts-triebe /
Und die bestraffung selbst erhitzt uns geist und brust.
Der lange winter giebt dem lentz die beste zierde /
Der schönste sonnenschein kommt aus der schwartzen nacht:
Verbotne frucht vermehrt dem menschen die begierde /
Und folgen haben offt glaß zu rubin gemacht.
Wer ungestöret liebt / ist mehr als halb gestorben /
Wer täglich zucker käut / spürt keine liebligkeit.
Die speisen haben selbst den besten ruhm erworben /
Darauff der kluge koch ein scharff gewürtze streut.
Auff dornen schauet man die schönsten rosen blühen /
Der sturm mehrt / wie man glaubt / den perlen ihren schein /
Und dürffte man sich nicht darnach so weit bemühen /
So würden sie nicht mehr als grauß geschätzet seyn.
Man muß / Algerthe / sich mit der vernunfft bestillen /
Und dencken daß der durst den krancken anmuth giebt /
Vergnügung paart sich nicht mit allzufreyem willen /
Der liebet ohne lust / der ungestöret liebt.
In dieser hoffnung will ich meine reime schliessen /
Es schaut mir itzt die nacht mit schwartzen augen zu.
Ich hoff / ich will dich bald in einem traume küssen /
So nach dem himmel schmeckt / und lieblich ist wie du.