Paul Fleming

Als Echo ward zu einem Schalle... (Paul Fleming)

   

    Als Echo ward zu einem Schalle /

zu einer unbeleibten Lufft /

die durch das Thal mit halbem halle /

die / so sie ruffen wiederrufft /

da ward der hole Wald voll Klage /

das feige Wild stund als bethört /

die Nymfen rufften Nacht und Tage /

wo bist du / Lust / die man nur hört.

    Narzissus / dir ist recht geschehen /

vor sahst du sie / und woltst sie nicht.

Itzt wilt du / die du nicht kanst sehen /

und hörst nur / was sie dir nach spricht.

Der Brunnen der dich dich ließ schauen /

der straffte deinen stoltzen Muth /

daß nun nicht eine von den Frauen

dir biß auff diesen Tag ist gut.

    Ach Freundin / scheu der Götter-rache.

Daß du dir nicht zu sehr gefällst /

daß Amor nicht einst deiner lache /

den du itzt höhnst / und spöttlich hälst.

Daß / weil du nichts von mir wilst wissen

ich nicht mit Echo lasse mich /

und du denn müssest mit Narzissen

selbst lieben / und doch hassen dich.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-002455-2
Erschienen im Buch "Deutsche Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.