Gottfried August Bürger

Geweihtes Angebinde zu Luisens Geburtstage (Gottfried August Bürger)

     

Kann denn nur der Vater Papst allein

Schwerter, Kerzen, Amulet' und Ringe

Für die Frommen seiner Kirche weihn,

Daß kein Leid und Unbill an sie dringe? –

Freilich rühmt er sich mit stolzem Sinn

Gottes höchsten Priester auf der Erde;

Aber ich, auch ich weiß, was ich bin,

Weiß, daß ich ihm nimmer weichen werde.

Denn ich bin zu hoher Priesterschaft

Nicht, wie er, von Menschen auserkoren,

Bin dazu empfangen und geboren

Und emporgesproßt durch Gottes Kraft!

Bin geweiht zum Priester des Apoll

Mit des Gottes Kranz und goldnem Stabe!

Seines Geistes bin ich froh und voll;

Warum nicht auch frommer Wundergabe? –

Ja, ich bin's! So weih' ich betend dann

Dieses Band mit Wunderkraft und Segen,

Daß ich's an Luisens Busen legen

Und damit ihr Herz beglücken kann.

O ein Herz, des besten Glückes werth!

Das ich nie zu rühmen mich bestrebe,

Weil der schönste Name, den ich gebe,

Doch dies Herz noch nicht genugsam ehrt. –

Band, ich segne dich mit Freud' und Lust

Für das längste Leben sonder Grämen;

Diesen Segen sollst du in die Brust

Meiner edeln Freundin reichlich strömen!

Freud' und Lust, von keinem Harm vergällt,

Sei durch dich ihr in die Brust gegossen;

Freud' an Gottes ganzer weiter Welt,

Mich, den Priester, auch mit eingeschlossen.

Verfügbare Informationen:
Erschienen im Buch "Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.