Gottfried August Bürger

An Friedrich Leopold, Grafen zu Stolberg (Gottfried August Bürger)

Grafen zu Stolberg.

Daimonie.

       

Fritz, Fritz! Bei den Unsterblichen, die hold

Auch meinem Leben sind! – Sie zeugen mir! –

Sieh, Angesichts der Ritter unsers Volks

Und ihrer losen Knappen schreitest du

Zu Trutz mit Wehr und Waffen in mein Feld

Und wirfst den Fehdehandschuh vor mich hin.

Ha! Schauerte nun auch die Menschlichkeit,

Wie Hektorn vor dem Ajax und Achill,

Vor dir mich an, hüb' ich ihn doch empor.

Bei Gott! Bei Gott! Du Trotziger, ich muß! –

So gelt' es dann! Sieg' gelt es, oder Tod! –

Denn wisse! Keinem Knaben sprichst du Hohn,

Der seine ersten Waffen schwankend prüft.

Straff sind die Sehnen meiner Jugendkraft;

Ich bin gewandt, zu ringen; meinem Arm

Ist Phöbus' goldnes Schwert ein Halmenspiel;

Des Fernhintreffers Silberbogen weiß

Ich wol zu spannen; treffe scharf das Ziel;

Mein Köcher rasselt goldner Pfeile voll...

Wer mag einher in meiner Rüstung gehn? –

Es gelte, Fritz! Sieg gelt' es, oder Tod!

Du! Huldigt dir Gesang und Sprach' allein?

Und waltet nicht des Mäoniden Geist

Auch über meinem Haupt? Ich rang mit ihm,

Wie Herkul's Kraft mit Anteus' Zauber rang.

Bezwang ich ihn nicht oben in der Luft? –

Ich komm', ich komme dir! Denn ehren mag

Ein solcher Widersacher das Gefecht.

Wie wird des Sieges Blume meinen Kranz

Verherrlichen! – Und gäbe mich der Rath

Der Himmelsherrscher dir auch unterthan,

So könnt' ich doch von keiner edlern Hand

Als deiner sterben, edler, starker Held!

Auf, rüste dich! Sieg gilt es oder Tod!

Antwort

an

Gottfried August Bürger.

H men emarnasJhn eridoV peri Jumoboroio,

Hd' aut' en jilothti dietmagen

arJmhsante.

Diese Helden kämpften aus heißer Begierde des Ruhmes

Und dann schieden sie wieder mit Freundschaft auseinander.

Homer, »Ilias«, 7.

 

               

Fried' und Freude dem Sänger zuvor und traulichen Handschlag!

Sieh, ich habe dein Zürnen vernommen am fernen Gestade,

Hörte den Flügelschlag deines Gesangs; melodische Stürme

Deiner Leier erhuben ihn hoch; ein Riesenadler

Steht er vor mir, mit dräuender Klaue, mit rüstigem Fittich;

Und schon zürnt' ich entgegen. Da faßte mich Pallas Athänä

Bei den goldenen Locken; ich wandte mich sträubend; mein Auge

Staunte zurück, vom Blitze der göttlichen Augen getroffen.

Sieh, ich bebte nicht dir; ich bebte der furchtbaren Göttin.

Sie verschwand; da war mir, als athmet' ich liebliche Düfte,

Läg' am blumigen Hange des Helikons, unter der Kühlung

Wehender Schatten an Aganippens Silbergesäusel.

Nun erwacht' ich und zürnte nun wieder und griff zu der Leier.

Aber es hatte die jüngste der Musen die Leier umstimmet,

Daß sie nicht tönte wie sonst, wie Donner, wie Stimmen der Meere,

Sondern wie Lispel des schwankenden Schilfes, wie zärtliche Klagen

Junger Nachtigallen auf blühenden Zweigen der Myrten.

Und mir kehrte die Weisheit zurück; sie pflückte den Oelzweig,

Den ich dir reiche; sie redet durch mich; vernimm und sei weise!

Freund, gehabe dich wohl! Ich kenne die rufende Stimme,

Höre wiehern die feurigen Ross' am flammenden Wagen;

Sieh, mir winket die Mus'; ich folge der winkenden Göttin.

Verfügbare Informationen:
Erschienen im Buch "Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.