Gottfried August Bürger

An F. M., als sie nach London ging (Gottfried August Bürger)

als sie nach London ging.

           

Könnt' auf väterlichen Auen

Ein verkümmerter Poet,

Könnt' er dir ein Hüttchen bauen,

Wie es vor dem Geist ihm steht.

In der Hütt' ein frohes Stübchen,

Groß genug für Weib und Mann,

Und zwei Mädchen oder Bübchen,

Die Gott leicht bescheren kann;

In der Stub' ein Speisetischchen,

Täglich bietend Wein und Brod,

Auch wol Brätchen oder Fischchen,

Unversalzt durch Schuldennoth;

Nebenan zur Gartenseite

Ein vertrautes Kämmerlein,

Drin ein Bett, an Läng' und Breite,

Für ein Pärchen nicht zu kein,

Wo du gern hinein dich bettest,

Wo du ruhest weich und warm,

Mit dem Mann, den du gern hättest,

Fest verschlungen Arm in Arm;

Könnte Das, mein gutes Mädchen,

Ein verarmter Leiermann,

Der nur auf dies Spinnefädchen

Wunschkorallen reihen kann:

Heut noch brächt' er froh den Schlüssel

Dir zu Stub' und Kämmerlein,

Führte dich zu Krug und Schüssel,

Spräche: »Bleib, denn dies ist dein!«

Aber ach! durch Sturm und Regen

Muß er fort dich wandern sehn;

Nichts kann er, als Gottes Segen

Zum Begleiter dir erflehn.

Verfügbare Informationen:
Erschienen im Buch "Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.