Thé dansant (Detlev von Liliencron)
Jetzt zu Bett, mein liebes Ernachen, nicht länger!
»Bitte«, schmollt Klein-Erna. Nun denn, den Fandango.
Erna wird sich schleunig zum Matrosen wandeln.
»Aber auch die Finger vor die Augen, Onkel.«
Gut... Ich darf doch sehn schon... »Nein, noch nicht, noch nicht«, und
Jäckchen fällt und Kleid und Unterröckchen. Darf ich?
»Nein, noch nicht, noch nicht.«
Ah, ein Matrosenjunge,
Ganz in Weiß gehüllt, mit nicht zu langen Höschen.
Eine Gabel nimmt Papa und einen Teller,
Und der Onkel tutet durch den Pappzylinder.
Ans Klavier setzt sich Mama, die liebe Ida.
Und nun klimpert's und nun tutet's und nun tönt es.
Auf dem Teppich vor uns tanzt die kleine Erna,
Tanzt mit eingestemmten Händen, dreht sich, wiegt sich,
Wiegt sich, biegt sich, daß die braunen Locken fliegen,
Daß die frischen, roten Backen röter glühen.
Und es klimpert, und es tutet, tönt und tutet,
Und dazu der Ballerina feines Stimmchen,
Das die Instrumente allerliebst begleitet.
Atemlos nun hört sie auf. »Gut Nacht, gut Nacht nun.«
Erst noch geht sie zu Papa und gibt a Busserl,
Und dann klettert sie zum Onkel in den Lehnstuhl,
Flüstert von den »Jaulen« ihm und Elefanten,
Von den Lieblingstieren ihrer Arche Noah,
Gibt ihm allerhuldreichst auch ein letztes Busserl.
Und dann nimmt sie Abschied mit Hanswurst im Arme.
Auf dem Heimkehrwege dachte sich der Onkel:
Höchstes Glück im Leben ist ein froh Amherde,
Ist Familienglück, ist eine liebe Hausfrau,
Eine süße kleine Erna in der Wiege.
Dann laß stürmen, was es draußen nur mag stürmen,
Immer eine treue Brust ist dir bereitet,
Der du alles, alles, was dich quält, kannst sagen.