Christian Hofmann von Hofmannswaldau

Streit der schwartzen augen - rothen lippen - und weissen brüste (Christian Hofmann von Hofmannswaldau)

Schwartze augen.

               

WIr schwartzen wolcken wir / mit sonnen angefüllet /

    Wir schönes finsterniß / da Venus wache hält;

Wir duncklen brunnen wir / da blitz und feuer qvillet /

    Wir sind besiegerin der freyheit dieser welt.

Das eiß zerschmeltzt für uns / das eisen muß uns weichen /

    Die felsen geben nach / es bricht der diamant;

Den purpur heissen wir durch unsre macht erbleichen /

    Und manches hertz zerfleußt durch diesen süssen brand.

Rothe lippen.

Ihr augen thut gemach / kan euer blitz entzünden /

    So denckt / daß auch der mund voll glut und feuer steckt;

Das rothe / was sich will in diesen lippen finden /

    Ist brand von reiner art mit rosen überdeckt.

Der athem / so itzund aus diesem thale fähret /

    Laufft jagens halber aus / und rennet durch die welt.

Ich schwere / daß er nicht von dar zurücke kehret /

    Biß daß er einen geist hat in das garn gefällt.

Weisse brüste.

Wenn alles reden will / wie können wir denn schweigen?

    Es will zwar nicht der schnee von unsern hügeln gehn;

Doch wollen flammen sich auch auff den spitzen zeigen /

    Die rüstig tag und nacht in vollem brande stehn.

Wer einen leichten blick in diesen circkel schicket /

    Der wird alsbald bestrickt durch süsse zauberey /

Das netze / so mit lust den leichten geist bestricket /

    Reist keine helden-hand und harter stahl entzwey.

Schwartze augen.

Rühmt / schwestern / was ihr wolt / den ruhm von unsern flammen

    Hat keine zeit verletzt kein winter abgethan;

Hier steht die liebligkeit und auch die krafft beysammen /

    Und dencken auff ein band / das hertzen fangen kan.

Die schlüssel hengen hier zu tausend männer hertzen /

    Die liebe hat bey uns das zeughaus ihrer macht;

Cupido holet hier das feuer zu den kertzen;

    Ja / lieben haben wir auff diese welt gebracht.

Rothe lippen.

Ein wohlgeschärffter spruch von unserm rothen throne,

    Thut und verrichtet mehr / als euer stoltzes licht;

Was seyd ihr bey der nacht? Ich red es euch zu hohne /

    Wann nicht die sonne scheint / so sieht das auge nicht.

Wir aber herrschen auch / wenn Phöbus von uns weichet /

    Ja / wenn ihr sternen-heer von wolcken wird bedeckt /

So hat manch kluges wort / so durch die rosen streichet /

    Die löwen eingeschläfft und harte stein erweckt.

Weisse brüste.

Wenn unsre kugeln nicht mit süssem triebe schertzen /

    Und dieser weisse schild der männer freyheit legt /

So stellt die Venus ja vergebens auff die hertzen /

    Und selten wird ein brand ohn unsre krafft erregt.

Das beben / so man stets um unsre grentzen spüret /

    Bläßt tausend flammen auff / und leget feuer an /

Ja dieses / was bey uns verborgen wird geführet /

    Hat offtmahls mehr / als das / was sich gezeigt / gethan.

Schwartze augen.

Wenn keine brust sich zeigt / wenn lippen schweigen müssen /

    So reden wir alsdenn durch unsern klaren schein /

Wir fügen offtermahls durch einen blick zu wissen /

    Daß adern / blut und marck voll glut und flammen seyn.

Lust / hoffnung / liebe / zorn / kan ieder in uns lesen /

    Wir reden ohne wort / und sprechen ohne mund;

Diß / was noch kommen soll / und allezeit gewesen /

    Diß macht das augen-lied durch kluge blicke kund.

Rothe lippen.

Der reinen lieblichkeit / so unser blut durchstreichet /

    Vergleichet sich der tranck der götter selber nicht;

Die rosen / derer glantz kein purpur hat erreichet /

    Sind als ein meister-stück im himmel zugericht.

Der wunder-starcke safft / der süsse thau der seelen /

    So um rubinen fleußt / und hier auff perlen steht /

Gibt deutlich zu verstehn / daß in der augen hölen

    Die reitzung öffters schläfft / hier niemahls untergeht.

Weisse brüste.

Was euer strahl bezwingt / was eure wort verrichten /

    Ist uns genug bekandt / ist uns genug bewust.

Doch lassen wir uns auch nicht gantz und gar vernichten /

    Wir sind / bedenckt es wohl / der garten aller lust.

Die äpffel / so allhier auff diesem stocke schweben /

    Sind süsser noch als die / so Abels mutter aß;

Ja besser / weil sie nicht verletzen an dem leben /

    Und keine schlange nicht auff ihren blättern saß.

Schwartze augen.

Je kleiner unser reich / je grösser unsre stärcke /

    Wir schrecken manche brust / und stopffen manchen mund;

Die federn werden stumpff in rühmung unsrer wercke /

    Und manch verbrochnes wort thut unsre kräffte kund.

Das hertze klopfft für uns / die glieder lernen zittern /

    Und wer diß wahre wort für nichts und nichtig hält /

Denselben soll der strahl von unserm blitz erschüttern /

    Zum zeugniß unsrer macht / zur warnung dieser welt.

Rothe lippen.

Die seelen pflegen hier zusammenkunfft zu haben /

    Und speisen sich mit lust durch süssen honigseim:

Hier pflantzet die natur den reichthum ihrer gaben /

    Und Venus kocht allhier den allerbesten leim.

Ein tropffen recht gebraucht / leimt geist und geist zusammen;

    Thut nun der leim zu schlecht des mundes kräffte kund /

Und zeiget nicht genung die funcken meiner flammen /

    So küsse man alsbald doch einen schönen mund.

Weisse brüste.

Diß / was ihr itzt gerühmt das findt ihr hier begraben;

    Des himmels rundes bild der rosen lieblichkeit /

Des frühlings bunte lust / des sommers süsse gaben /

    Die sind mit reicher hand hier kräfftig eingestreut.

Der brand-befreyte schnee kan felsen selbst entzünden /

    Und unsre blumen tilgt kein heisser sonnenschein;

Cupido wird sich uns zu loben unterwinden /

    Die feder wird sein pfeil / wir werden blätter seyn.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-008889-5
Erschienen im Buch "Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.