Christian Hofmann von Hofmannswaldau

Auff ihre schultern (Christian Hofmann von Hofmannswaldau)

       

ISt dieses schnee? nein / nein / schnee kan nicht flammen führen.

    Ist dieses helffenbein? bein weiß nicht weis zu seyn.

    Ist hier ein glatter schwan? mehr als der schwanen schein /

Ist weiche woll allhier? wie kan sich wolle rühren?

Ist alabaster hie? er wächst nicht bey saphiren /

    Ist hier ein liljen-feld? der acker ist zu rein.

    Was bist du endlich doch? weil schnee und helffenbein /

Weil alabaster / schwan / und liljen sich verlieren.

    Du schaust nun / Lesbie / wie mein geringer mund

Vor deine schultern weiß kein rechtes wort zu finden /

Doch daß ich nicht zu sehr darf häufen meine sünden /

    So macht ein kurtzer reim dir mein gemüthe kund:

Muß Atlas und sein hals sich vor dem himmel biegen /

So müssen götter nur auf deinen schultern liegen.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-008889-5
Erschienen im Buch "Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.