Zwei Sonette nach Kügelgens Gemälden (Theodor Körner)
1.
Belisar und der Knabe.
Es kracht der Wald, und heil'ge Fichten splittern;
Der Donner rollt durch schwer bedrängte Auen.
Da steht, furchtlos beim allgemeinen Grauen,
Der blinde Greis in tobenden Gewittern.
Nichts kann sein großes Heldenherz erschüttern;
Des Blitzes Glut vermag er nicht zu schauen,
Dem Wüten der Natur kann er vertrauen;
Vor Menschentücke muß der Held erzittern.
Der Knabe, der ihn führt, sinkt betend nieder,
Das junge Herz verzagt im Flammenwetter;
Er streckt die Arme jammernd himmelwärts.
Doch Belisar ermuntert schnell ihn wieder;
Er fürchtet nicht den Zorn gerechter Götter,
Und neuer Mut durchströmt des Knaben Herz.
2.
Saul und David.
Ernst sitzt der Fürst, die Stirn in düstern Falten;
Er kann der Qual des Herzens nicht entfliehen.
Es starrt der Blick, und finstre Bilder ziehen
Durch seine Brust in nächtlichen Gestalten.
Da tönt des Knaben Spiel mit süßem Walten;
Die Stimme schwebt in heil'gen Harmonieen;
Es wogt das Lied, und Himmelstöne glühen,
Die einklangsvoll der Seele Tag entfalten.
Und plötzlich wacht der Fürst aus seinen Träumen,
Und ihn ergreift ein längst entwöhntes Sehnen;
Ein Strahl der Liebe zuckt ihm durch das Herz.