Paul Fleming

Loob eines Soldaten zu Rosse (Paul Fleming)

           

Ein frischer Heldenmuht ist über alle Schätze

Ist über allen Neid. Er selbst ist sein Gesetze /

Sein Mahl / sein Sold / sein Preiß. Er reisset durch die Zeit /

Vergnüget sich durch sich. Lässt bey sich Ruh und Streit

Inn gleicher Waage stehn. Den adelichen Rittern

Wird dieses angebohrn. Wenn andre stehn und zittern /

Beseufftzen ihren Todt / und bitten ümm Quartier /

So setzen sie den Ruhm auch tausend Leeben für /

Die mann erbitten muuß / und doch nur Schande geeben.

Sie sterben Tugendhafft / wenn sie noch könten leeben.

Was ist das für ein Feind / der seinem Feinde fleht?

Ist einer so gesinnt / wenn er zum Treffen geht /

So bleib' er lieber da. Ein redlicher Soldate /

darff nicht inn zweifel stehn / ob auch der Sieg gerahte.

Den Sieg hat er bey sich / wenn er sich tapffer hält.

Was kann ihm helffen wohl das überwunden Geld /

das er zu geeben beut? ist doch schoon alles seine.

Er richt' ihn lieber hinn / so bleibt sein Eydschwuur reine /

und er versichert sich / schlägt er ihn heute todt /

So darff er morgen nicht für ihm stehn inn der Noht /

daß er sich rechen wird. Wenn wil der Krieg sich enden /

Wenn er verschonen wil / und sich zuer Gnade wenden

Wenn mann sol ernsthafft seyn. Vor alters gieng' es nicht.

Es wurden Könige beym Treffen hingericht.

Was gilt hier die Persoon? ein Feind hat mit den Nahmen

Sein Leeben schoon verbührt. So bleibt er stets bey samen /

Wenn mann Ihn ab lässt ziehn. Und er gedenkt es doch /

und pfiff' er einmahl noch so auff ein lindes Loch.

Es lehrt ihm diß die Noht. Wenn er zuer Freyheit kömmet /

So sieht und tichtet er / wie er ihm Vortheil nimmet.

Nimt aller Sachen wahr. Im fall daß er vermerckt /

daß sein verschoner liegt; Er sieht wie er sich stärckt /

Vergisst der alten Treu' und seiner guten Worte.

Setzt unvermerckt an ihn / und fällt ihn an dem Ohrte /

da mann es nicht gedacht. Alsdenn so ists zu spaat /

Wenn mann bereuen wil / daß mann geschonet hat /

und so barmhertzig war. Ich hab' es wohl erfahren.

Dem Kriege zieh' ich nach nun bey so vielen Jahren /

Ich weiß deß Krieges Brauch. Ich gebe kein Quartier /

und kähm ein General und König selbst mir für.

Ich achte dessen nicht / daß er von höhern Stamme /

Als ich / gebohren ist. Diß eben macht die Flamme /

daß ich mehr siegen wil / in dem er grösser ist /

An Ahnen / nicht an Muth. Ein dapfrer Geist erkiest

Ihm stets ein höhers aus / mit dem er möge ringen.

Der Ruhm der wächst mit ihm / daß er aus hohen dingen

Vorhinn entsprossen ist. Kein Adel dient vor mich.

Diß Schwerdt das adelt mich. Mein Ritter Sitz binn Ich.

Mein Leib ist mein Pallast. Ein Krieger ist vergnüget /

daß er von einem mahl' aufs andre so viel krieget

Als er benötigt ist. Was hilfft ihm Land und Gut

die Feigen sehn auff diß. Ich zahle baares Blut

Vor meine Güter aus. Wem ließ ichs wohl zu erben /

Solt' etwan heute noch ich vor dem Feinde sterben /

den ich mir wünsche stets? Ich lobe meinen Sinn.

Mein Leben lieb' ich nicht. Ein ander ziehe hinn /

und karge wie er wil. Wir kommen leicht zu Gelde /

und leichtlich wieder drümm. Wir nähmens auff dem Felde /

und gäbens in der Stadt. Uns ehret Iedermann.

Und wer nicht wil der muß. Es ist uns unterthan

Nicht ein Land nur. Die Welt die muß uns Herren heissen /

Wenn Herren uneins sind. Wir können uns nicht beissen /

Wie alte Mütter thun. Mann schlägt mit Fäusten drein /

Mit Degen und Pistool / wenn mann nicht Freund wil seyn.

Und das heisst recht geherscht. Wir sterben wie wir leben /

Frisch / dapfer / ritterlich. Wir sind den Todt ergeben /

Wier wuchern auff das Blut. Das theure Gut / der Kodt /

Ist keines ieden Kauff. Uns ist es täglich Brodt /

Was andern seltzam ist. Wer wünscht ihm doch zu siechen /

und ümm die Ofenbanck erbärmlich her zu kriechen /

Wie es zu Hause geht. Es ist ümm einen Blick /

So fällt uns ein Pistool / ein Degen oder Stück.

Mann fühlt nicht daß mann stirbt. Das Feld ist unser Bette /

der Gottes-Acker auch. Wir leben ümm die Wette /

und sterben auch also. Wer härmet sich darümm /

Es sey hieb oder stich / wenn wier nuer kommen ümm /

So ist uns wohl geschehn. Lob' einer nun das seine /

Sein Leben / wie es sey. Ich lobe stets das meine.

Du lebest nicht für mich. Ich sterbe nicht für dich.

Ein ander bleibe sein'. Ich bleibe so für mich.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-002455-2
Erschienen im Buch "Deutsche Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.