Oft in der stillen Nacht (Otto Julius Bierbaum)
Oft in der stillen Nacht,
wenn zag der Atem geht
und sichelblank der Mond
am schwarzen Himmel steht,
wenn alles ruhig ist
und kein Begehren schreit,
führt meine Seele mich
in Kindeslande weit.
Dann seh' ich, wie ich schritt
unfest mit Füßen klein,
und seh' mein Kindesaug'
und seh' die Hände mein
und höre meinen Mund,
wie lauter klar er sprach
und senke meinen Kopf
und denk' mein Leben nach:
Bist du, bist du allweg
gegangen also rein,
wie du gegangen bist
auf Kindes Füßen klein?
Hast du, hast du allweg
gesprochen also klar,
wie einsten deines Munds
lautleise Stimme war?
Ich blicke, Sichel, auf
zu deiner weißen Pracht;
tief, tief bin ich betrübt
oft in der stillen Nacht.