Aller Liebreiz, alle Anmut... (Muhammad Schams ad Din Hafis)
Aller Liebreiz, alle Anmut
ist auf seiner Wang' entfacht,
Nur die Lieb und Treue fehlt ihm:
Hätt' ihm Gott die zugedacht!
Mein Herzliebster ist ein Kind, er
wird mich spielend eines Tags
Töten, ohne daß des Blutes
das Gesetz ihn schuldig macht.
Es ist besser, daß mein Herz ich
nehme gut in acht vor ihm,
Denn er kennt nicht Gut' und Böses,
und er nimmt es nicht in acht.
Einen Abgott, vierzehn Jahr' alt,
hold und zierlich, hab ich, dem
Von dem Monde, vierzehn Tag' alt,
Huldigung wird dargebracht.
Ein Geruch von Milch aus seiner
Zuckerlippe atmet noch,
Aber Blut der Herzen träufelt,
wo sein schwarzes Auge lacht.
Mein Herzliebster, wenn das Herz er
also schlägt, so wird der Schah
Ihn zum Feldherrn wählen, daß er
schlägt das Herz der Feindesmacht.
Meine Seele geb ich dankbar
aus, wenn jene Perle zart,
Um zu ruhn, die Brust von Hafis
einst zu ihrer Muschel macht.
(Übersetzung: Friedrich Rückert)