Matthias Claudius

Ein gülden A B C (Matthias Claudius)

A

           

Armut des Geistes Gott erfreut;

Armut, und nicht Armseligkeit.

 

B

Besprich dich nicht mit Fleisch und Blut,

Fahr zu, gleich zu, wie Paulus tut,

 

C

Creuz ist ein Kraut, wenn man es pflegt,

Das ohne Blüte Früchte trägt.

 

D

Dürst nicht nach Rache und nach Blut;

Vergeben wäre wohl so gut.

 

E

Ein edles Herz glänzt hell und hold,

Ein gutes ist gediegen Gold.

 

F

Für was du Gutes hier getan,

Nimm keinen Lohn von Menschen an.

 

G

Gedultig sein – Herr lehr es mich,

Ich bitte dich, ich bitte dich.

 

H

Hau deinen Götzen mutig um,

Er sei Geld, Wollust oder Ruhm.

 

I

In dir ein edler Sklave ist,

Dem du die Freiheit schuldig bist.

 

K

Kämpf und erkämpf dir eignen Wert;

Hausbacken Brot am besten nährt.

 

L

Liebt euch auf Erden, liebt, und wißt,

Daß Gott im Himmel Liebe ist.

 

M

Merk auf die Stimme tief in dir;

Sie ist des Menschen Kleinod hier.

 

N

Nimm wahr der Zeit; sie eilet sich,

Und kommt nicht wieder ewiglich.

 

O

O Herr lehr uns bedenken wohl,

Daß wir sind sterblich allzumal.

 

P

Parabeln sind wohl fein und schön,

Doch muß sie einer auch verstehn.

 

Q

Quäl nicht dein Herz ohn Unterlaß,

Ein freier Mut gefällt Gott baß.

 

R

Recht halte heilig bis in'n Tod,

So bleibt ein Freund dir in der Not.

 

S

Straf keck das Böse ins Gesicht;

Vergiß dich aber selber nicht.

 

T

Treib Tugend jeden Augenblick;

Wer nicht voran geht, geht zurück.

 

U

Und wenn sie alle dich verschrein,

So wickle in dich selbst dich ein.

 

V

Verlaß dich nicht auf diese Welt;

Sie ist Schaum, der zusammenfällt.

 

W

Wie wird es dann, o dann uns sein,

Wenn wir der bessern Welt uns freun?

 

X

 

Y

In Sturm die Sonne spiegelt nicht

Im Meer ihr heilig Angesicht.

 

Z

Zerbrich den Kopf dir nicht zu sehr,

Zerbrich den Willen, das ist mehr.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-458-33878-0
Erschienen im Buch "Der Mond ist aufgegangen"
Herausgeber: Insel Taschenbuch Verlag