Martin Opitz

Sonnet XXXVIII (Martin Opitz)

       

    DV güldne Freyheit du / mein wündschen vnd begehren /

Wie wol doch were mir / im fall ich jederzeit

Mein selber möchte seyn / vnd were gantz befreyt

Der Liebe die noch nie sich wollen von mir kehren /

    Wiewol ich offte mich bedacht bin zu erwehren.

Doch / lieb' ich gleichwol nicht / so bin ich wie ein Scheit /

Ein Stock / vnd rawes Bley. die freye Dinstbarkeit /

Die sichere Gefahr / das tröstliche Beschweren /

    Ermuntert meinen Geist / daß er sich höher schwingt

Als wo der Pöfel kreucht / vnd durch die Wolcken dringt /

Geflügelt mit Vernunfft vnd muthigen Gedancken.

    Drumb geh' es wie es wil / vnd muß ich gleich darvon /

So vberschreit' ich doch deß Lebens enge Schrancken;

Der Name der mir folgt ist meiner Sorgen Lohn.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-000361-X
Erschienen im Buch "Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.