Adonis Tod (Karoline von Günderode)
1.
Die Göttin sinkt in namenlosem Leide;
Den Jäger traf des Tieres wilde Wut;
Die Rose trinkend von des Jünglings Blut,
Glänzt ferner nicht im weißen Lilienkleide.
Das Abendrot der kurzen Liebesfreude
Blickt traurig aus der Blume dunklen Glut;
Adonis tot im Arm der Göttin ruht;
Das Schönste wird des kargen Hades Beute.
Verhaßt ist ihr des langen Lebens Dauer,
Das Götterlos wird ihrer Seele Trauer,
Die sehnsuchtskrank den süßen Gatten sucht.
Und still erblühet heißer Tränen Frucht;
Den stummen Schmerz verkünden Anemonen,
Den ew'gen Wunsch, im Schattenreich zu wohnen.
2.
Den Lilienleib des Purpurs dunkler Schleier
Dem irren Blick der Göttin halb entzieht;
Der Trauer Bild, die Anemone, blüht
So weiß als rot zur stillen Totenfeier.
Erloschen ist in ihm des Lebens Feuer,
Sein totes Aug' die Blume nimmer sieht. -
Doch plötzlich schmilzt der Göttin Leid im Lied,
Die Klage tönt, die Seele fühlt sich freier.
Und gläubig einen Tempel er sich baut,
Auf daß er pflege in dem Heiligtume
Der Sehnsucht Kind, die süße Wunderblume.