Ode auf die Melancholie (John Keats)
Nein, nein, geh nicht zur Lethe, preß dir nicht
Vom Eisenhut, zähwurzlig, Gift ins Glas
Wenn Nachtschatten dein bläßliches Gesicht
Auch küßt, die Purpurfrucht Proserpinas;
Flicht keine Eibenbeern zum Rosenkranz,
Auch Totenuhr und Totenkopf laß sein
Als Klagepsyche, und als Freund im Leid
Trau der zerzausten Eule niemals ganz:
Der Schattenzug stellt sich zu schleppend ein
Und schluckt der Seele wache Ängstlichkeit.
Sie lebt mit Schönheit Schönheit, die bald stirbt;
Mit Freude, deren Kußhand ewig winkt
Und sagt Adieu und Wonnen nah verdirbt,
Schon Gift wird, da der Bienenmund noch trinkt.
Ja, selbst im Tempel höchsten Glücks versteckt
Melancholie noch ihren Hochaltar,
Nimmt, wessen Zunge des Glücks Traube sprengt
Am feinen Gaumen, ihn auch einzig wahr;
Sein Geist wird, ihre Trauermacht geschmeckt,
Zu ihren düsteren Trophäen gehängt.