Der kluge Pfifferling (Heinrich Seidel)
Der kluge Pfifferling
Vor Zeiten einst, vor langen Jahren,
Als Zwerge noch im Lande waren,
Herrscht' in Graubünden grosse Noth,
Es wüthete der schwarze Tod:
Wer Morgens frisch und rosig war,
Lag Abends auf der Totenbahr.
Vom Morgenroth zum Abendschimmern
Hört' man das Sterbeglöcklein wimmern.
Und weiter frass die Pest umher,
Und ganze Höfe starben leer.
Kein Mittel konnt' das Unheil zügeln:
Es füllten sich mit schwarzen Hügeln
Friedhöfe bis an ihren Rand,
Und Noth und Wehklag war im Land.
Doch wunderbar, am Zwergenvolke
Da ging vorüber diese Wolke:
Sie lebten, wie Sie es gewohnt
Und blieben von der Pest verschont.
So dass es klärlich lag am Tage,
Sie kannten Mittel für die Plage.
Der kluge Bauer lief zur Stunde
Nach Hause mit der frohen Kunde,
Und alle Leute eilig thaten,
Was der Veltliner Wein verrathen. -
So hat des Bauern Pfiffigkeit
Das Land vom schwarzen Tod befreit.