Die weisse Blume (Heinrich Heine)
Die weisse Blume
In Vaters Garten heimlich steht
Ein Blümchen traurig und bleich;
Der Winter zieht fort, der Frühling weht,
Bleich Blümchen bleibt immer so bleich.
Die bleiche Blume schaut
Wie eine kranke Braut.
Zu mir bleich Blümchen leise spricht:
Lieb Brüderchen, pflücke mich!
Zu Blümchen sprech ich: Das tu ich nicht,
Ich pflücke nimmermehr dich;
Ich such mit Müh und Not,
Die Blume purpurrot.
So lispelt bleich Blümchen, und bittet sehr -
Da zag ich, und pflück es schnell.
Und plötzlich blutet mein Herz nicht mehr,
Mein innres Auge wird hell.
In meine wunde Brust
Kommt stille Engellust.