Der Tanzbär (Gottlieb Konrad Pfeffel)
(1789)
Ein Gauner an dem Weichselstrand,
Wo man nichts kennet als Despoten
Mit ehrnen Zeptern und Heloten
In Lumpen, zog mit kecker Hand
Ein Bärchen aus der Mutter Pfoten,
Die durch ihn fiel. Der Sieger hing
Flugs einen Korb dem armen Waisen
Ums rauhe Kinn. Ein dichter Ring
Mit einem Gängelband von Eisen
Würgt ihm den Hals und überdies
Stumpft er, um sich vor seinem Biß
Zu schützen, ihm die jungen Zähne.
Da half kein Heulen, keine Träne.
Noch mehr; er zwang den armen Wicht
Mit aufgerecktem Kopf und Ranzen,
Er mochte wollen oder nicht,
Nach seinem Dudelsack zu tanzen
Und seinen Affen Favorit,
Der, taub gleich ihm, bei Petzens Klagen,
Wenn dieser seufzte, Fratzen schnitt
Als Reitpferd durch die Welt zu tragen.
Wenn ihn der Unmut überwand,
So büßten seinen Widerstand,
Bald seine Knochen, bald sein Magen.
So strich ihm unter tausend Plagen
Bereits das dritte Jahr vorbei,
Als einst, im Sturm der Schwelgerei,
Sein Herr vergaß ihn anzuschließen.
Die Freiheit winkt; mit schnellen Füßen
Verläßt er seine faule Streu
Und fliehet, von den Finsternissen
Der Nacht bedeckt, durch Busch und Moor
Ins nahe Holz. Mit frohen Küssen
Empfängt ihn seiner Brüder Chor.
Der eine reicht ihm leckre Speisen,
Der andre hilft ihm von dem Eisen
An Hals und Schnauze sich befrein.
Der Hedmann eilet voll Entzücken
Den Gast mit Eichenlaub zu schmücken
Und weihet ihn zum Bürger ein.
Kaum konnte Petz sein Glück ermessen,
Doch lernt er eher Honig fressen
Und nur sich selbst gehorsam sein,
Als seines Henkers Wut vergessen.
Ihr Zwingherrn, bebt! Es kommt der Tag,
An dem der Sklave seine Ketten
Zerbrechen wird, und dann vermag
Euch nichts vor seiner Wut zu retten.