Gottlieb Konrad Pfeffel

Der Stern (Gottlieb Konrad Pfeffel)

(1785)

             

Der Tiere Großherr starb. Die hohe Fakultät

Vereinte sich, um seine Majestät

Nach Standsgebühr zu balsamieren.

Man schnitt den Leichnam auf. Doch welch ein Phänomen!

Man fand kein Herz. Die Ärzte disputierten

Sich braun und blau; Hippokrates, Galen

Und Avicenna siegt: die Herren demonstrieren

Das Gegenteil von dem, was sie vor Augen sehn

Und streichen sich den Bart. Den Unfug zu vermeiden,

Verbot der junge Schach aus weiser Politik

Der Fakultät bei Knut und Strick,

In Zukunft die Monarchen auszuweiden,

Und ließ auf allen Fall sich an des Herzens Platz

Auf seinem neuen Pupurlatz

Ein Supplement von Silberfäden sticken.

Sein Sohn umgab das Ding mit einem Strahlenkranz.

Sein Enkel wandelte, vielleicht aus Ignoranz,

Vielleicht aus bloßer Lust am Flicken

Das abgenutzte Herz in einen Stern.

Und so entstand der Klecks, womit die großen Herrn

Sich noch auf diesen Tag den leeren Busen schmücken.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-87164-032-8
Erschienen im Buch "Skorpion und Hirtenknabe"
Herausgeber: Maximilian Dietrich Verlag