Gottlieb Konrad Pfeffel

Der Prinz und sein Hofmeister (Gottlieb Konrad Pfeffel)

   

Im kühlen Park saß Prinz Porphyr

Mit seinem Mentor einst nach Tische

Und gähnte recht nach Standsgebühr;

Als aus dem duftenden Gebüsche

Das Lied der Nachtigall erscholl.

Itzt wacht er auf. Entzückungsvoll

Beschleichet er die dunkeln Hecken,

Um hinterrücks das arme Tier

Zu haschen und es einzustecken.

Es ist sultanische Manier

Mit andrer Freiheit so zu spaßen,

Doch diesmal mußte sich Porphyr

Den Appetit vergehen lassen.

Sein erster Schritt verriet ihn schon

Und der geschreckte Vogel machte

Mit schnellen Schwingen sich davon.

Die Hoheit stampft und wandert sachte

Dem Mentor zu. Der Mentor lachte;

Beschämt fragt ihn der Königssohn,

Der wohl des Tags auch einmal dachte:

Wie kömmts', daß man in unserm Schloß

Nicht eine Philomele findet;

Indes ein ungeheurer Troß

Von Spatzen uns die Ohren schindet?

Mein Prinz! dies ist der Höfe Lauf,

Versetzt der Mann; wie Fliegenschwärme

Drängt sich das Heer der Toren auf:

Doch das Verdienst lebt fern vom Lärme,

Verscheucht und gleichsam auf der Flucht,

Nur der entdeckt es, der es sucht.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-7846-0134-0
Erschienen im Buch "Biographie eines Pudels"
Herausgeber: Langewiesche-Brandt KG