Der Affe und der Löwe (2) (Gottlieb Konrad Pfeffel)
Ein Affe, der bei einem Biographen
Als Famulus gedient, zerbrach sein Joch,
Kam an des Löwen Hof und ward wie alle Sklaven
Ein Schmeichler, der im Staube kroch.
»Herr König«, sprach er einst im Ton des Patrioten,
»Wie kommt es, daß kein Annalist,
Kein Sammler großer Anekdoten
In Deinem Reich bestellet ist?
Wie manchen schönen Zug von Tapferkeit und Treue,
Von Weisheit, Großmut, edler Reue,
Von Mutterpflicht, Geduld und stiller Frömmigkeit
Verschlingt der Ozean der Zeit!
Auf deinen Wink bin ich bereit,
Die hohen Tugenden, die Krieg und Frieden
In unserm Staat erzeugt, vom libyschen Alciden
(hier bückte sich der Biograph)
Bis zum bescheidnen, frommen Schaf,
In tierischen Ephemeriden
Der grauen Ewigkeit zu weihn.«
»Kerl!« fiel da der Großsultan ihm ein,
»Du schwatzest wie ein Mensch aus den polierten Staaten
Des Okzidents wo gute Taten
So selten sind, daß man sie zählen kann:
Rührt deine Faust hier nur den Griffel an,
So laß ich dich lebendig braten.«