Gottlieb Konrad Pfeffel

Amor und der Schäfer (Gottlieb Konrad Pfeffel)

Der Schäfer

Auf ewig, Amor, gute Nacht,

Mein freies Herz darf nicht mehr lieben,

Es ist aus seinem Rausch erwacht

Und hat dich, schlauer Feind, vertrieben.

Verwünscht sei deiner Pfeile Macht!

Auf ewig, Amor, gute Nacht.

Amor

Bedenke, Schäfer, was du tust.

Ruft Iris nicht mit holdem Blicke,

Mit heißer hochgeschwollner Brust

Dich in den weißen Arm zurücke?

Bedenke, Schäfer, was du tust,

Und fluche nicht dem Gott der Lust.

Der Schäfer

Wer? Iris? die mich so getäuscht?

Die Ungetreue? laß sie schmachten;

Mein treues Herz, durch sie zerfleischt,

Kann weiter nichts als sie verachten.

Verwünscht sei deiner Pfeile Macht!

Auf ewig, Amor, gute Nacht.

Amor

So sei die stolze Daphne dein,

Sie, die kein Schäfer noch erweichet;

Sie, die auf dieser Flur allein,

An Schönheit meiner Mutter gleichet.

Bedenke, Schäfer, was du tust,

Und fluche nicht dem Gott der Lust.

Der Schäfer

Auch deine Daphne mag ich nicht,

So sehr sie mir dein Mund erhebet.

Was ist sie? Nichts. Ein schön Gesicht;

Ein Marmor, den kein Geist belebet.

Verwünscht sei deiner Pfeile Macht!

Auf ewig, Amor, gute Nacht.

Amor

Wohlan, so soll dein erstes Ach!

Dir diesen Abend noch Temiren,

Sie, die so viele Herzen brach,

In die verschwiegne Laube führen.

Bedenke, Schäfer, was du tust,

Und fluche nicht dem Gott der Lust.

Der Schäfer

Temiren meinst du? wahrlich nein.

Ich mag nicht welke Rosen pflücken,

Sonst fiele mir vielleicht doch ein

Ein halbes Ach nach ihr zu schicken.

Verwünscht sei deiner Pfeile Macht!

Auf ewig, Amor, gute Nacht.

Amor

So wird dich auch das zarte Herz

Der jungen Flora nicht gewinnen?

Schön wie der Lenz, leicht wie der Scherz,

Tanzt sie dort mit den Huldgöttinnen.

Du glühst? Das hab ich wohl gedacht!

Sagst du: auf ewig gute Nacht?

Der Schäfer

Ach! Amor! liebstes, bestes Kind,

Ja, Floren will ich ewig lieben;

Nur Flora... Schieße doch geschwind,

Wie leicht hat sie ein Faun vertrieben!

O wenn dein Pfeil noch lange macht,

So sag ich, Amor, gute Nacht.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-87164-032-8
Erschienen im Buch "Skorpion und Hirtenknabe"
Herausgeber: Maximilian Dietrich Verlag