Gottfried August Bürger

Ständchen (2) (Gottfried August Bürger)

       

Mit Lied und Leier weck' ich dich;

Gib Acht auf Lied und Leier!

Der wache Leiermann bin ich,

Schön Liebchen, dein Getreuer!

Schleuß auf den hellen Sonnenschein

Der himmelblauen Aeugelein!

Durch Nacht und Dunkel komm' ich her,

Zur Stunde der Gespenster.

Es flimmert längst kein Lämpchen mehr

Durch stiller Hütten Fenster.

Schon lange ruhte süß und fest

Was Lieb' und Sehnsucht ruhen läßt.

Auf seiner Gattin Busen wiegt

Sein müdes Haupt der Gatte,

Wol an die liebste Henne schmiegt

Der Hahn sich auf der Latte;

Der Sperling unterm Dache sitzt

Bei seiner trauten Sie anitzt.

Wann, o wann ist auch mir erlaubt,

Daß ich an dich mich schmiege?

Daß ich in süße Ruh' mein Haupt

Auf deinem Busen wiege?

O Priesterhand, wann führest du

Mich meinem süßen Bräutchen zu?

Nun, liebe Seele, gute Nacht!

Dich wolle Gott bewahren!

Was Gott bewahrt, ist wohl bewacht

Vor Schrecken und Gefahren.

Ade! Schleuß wieder zu den Schein

Der himmelblauen Aeugelein!

Verfügbare Informationen:
Erschienen im Buch "Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.