Die Menagerie der Götter (Gottfried August Bürger)
Wie hier an Affen, Papagein,
An Kakadu und Raben
Hofherrn und Damen insgemein
Ihr träges Müthchen laben:
So hegt auch mancher Gott sein Thier,
Selbst in der Himmelsstube.
Zeus dahlt mit seinem Adler schier
Wie ein Quintanerbube.
Der darf in Cabinet und Saal,
Auf Stuhl und Tafel springen
Und keck ein ganzes Göttermahl
Ambrosia verschlingen.
Allein, wer soviel frißt, der muß,
Mit Gunst! auch viel hofieren;
Drum möchte Juno voll Verdruß
Ihm oft den Steiß verschnüren.
Dagegen kann ihr Pfauenpaar
Sie desto baß erfreuen;
Doch schmälet Zeus, und dies ist wahr,
Daß sie abscheulich schreien.
Mit Täubchen kürzt an ihrem Platz
Sich Cypria die Stunden.
Ihr Por läßt flattern einen Spatz,
An langen Zwirn gebunden.
Minerva kömmt durch ihre Gunst
Noch dem Olymp zu statten;
Denn ihre Eule fängt mit Kunst
Die Himmelsmäus' und Ratten.
Apoll hält solchen Tand für schwach,
Nährt sich vier stolze Schimmel
Und galopiret Tag für Tag
Eins durch den weiten Himmel.
Auch, sagt man, hält er einen Schwan,
Deß wunderbarer Schnabel
Trotz Roms Castraten singen kann;
Doch halt' ich dies für Fabel.
Lyäus läßt den Wagen gar
Von zahmen Tigern führen
Und ohne Sorge vor Gefahr
Sich durch die Welt kutschiren.
Vor Plutons schwarzer Pforte bellt
Der größte Bullenbeißer
Und macht die Qual der Unterwelt
Durch sein Geheul noch heißer.
Vor allen Thieren, groß und klein,
Die sich bei Göttern mästen,
Behagt Silenus' Eselein
Noch meinem Sinn am besten.
Das ist, fürwahr! ein feines Vieh,
Von sondrer Zucht und Ehren
Und läßt von vorn und hinten nie
Was Unverschämtes hören.
Mit sich und seinem Herrn vergnügt,
Geduldig allerwegen,
Nimmt es vorlieb, sowie sich's fügt,
Mit Marzipan und Schlägen.
Zum Keller weiß es hin und her
Den Weg von selbst zu finden;
Auch braucht man gar nicht drüberher
Den Reiter fest zu binden.
So einen Esel wünscht' ich mir!
Silen, wirst du einst sterben,
So laß mich dies bequeme Thier,
Laß, Vater, laß mich's erben!