Gottfried August Bürger

Der Ritter und sein Liebchen (Gottfried August Bürger)

       

Ein Ritter ritt einst in den Krieg,

Und als er seinen Hengst bestieg,

Umfing ihn sein feins Liebchen!

»Leb wohl, du Herzensbübchen!

Leb wohl! Viel Heil und Sieg!

»Komm fein bald wieder heim ins Land,

Daß uns umschling' ein schönes Band

Als Band von Gold und Seide,

Ein Band aus Lust und Freude,

Gewirkt von Priesterhand!« –

»Ho ho! Käm' ich auch wieder hier,

Du Närrchen du, was hülf' es dir?

Magst meinen Trieb zwar weiden;

Allein dein Band aus Freuden

Behagt mit nichten mir.« –

»O weh! So weid' ich deinen Trieb,

Und willst doch, falscher Herzensdieb,

In's Ehband dich nicht fügen!

Warum mich denn betrügen,

Treuloser Unschuldsdieb?« –

»Ho ho! du Närrchen, welch ein Wahn!

Was ich that, hast du mitgethan.

Kein Schloß hab' ich erbrochen,

Wenn ich kam, anzupochen,

So war schon aufgethan.« –

»O weh! So trugst du das im Sinn?

Was schmeicheltest du mir um's Kinn?

Was mußtest du die Krone

So zu Betrug und Hohne

Mir aus den Locken ziehn?« –

»Ho ho! Jüngst flog in jenem Hain

Ein kirres Täubchen zu mir ein.

Hätt' ich es nicht gefangen,

So müßten mir entgangen

Verstand und Sinnen sein.« –

Traut, Mädchen, leichten Ritter nicht!

Manch Ritter ist ein Bösewicht.

Sie löffeln wol und wandern

Von Einer zu der Andern

Und freien Keine nicht.

Verfügbare Informationen:
Erschienen im Buch "Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.