Gottfried Keller

Winterabend (Gottfried Keller)

Schneebleich lag eine Leiche, und es trank

Bei ihr der Totenwächter unverdrossen,

Bis endlich ihm der Himmel aufgeschlossen

Und er berauscht zu ihr aufs Lager sank.

Von rotem Wein den Becher voll und blank

Bot er dem Toten; bald war übergossen

Das Grabgesicht und purpurn überflossen

Das Leichenhemd; so trieb er tollen Schwank.

Die trunken rote Sonne übergiesst

Im Sinken dieses schneeverhüllte Land,

Dass Rosenschein von allen Hügeln fliesst;