Gottfried Keller

Land im Herbste (Gottfried Keller)

Die alte Heimat seh' ich wieder,

Gehüllt in herbstlich feuchten Duft;

Er träufelt von den Bäumen nieder,

Und weithin dämmert grau die Luft.

Und grau ragt eine Flur im Grauen,

Drauf geht ein Mann mit weitem Schritt

Und streut, ein Schatten nur zu schauen,

Ein graues Zeug, wohin er tritt.

Ist es der Geist verschollner Ahnen,

Der kaum erstrittnes Land besät,

Indes zu seiten seiner Bahnen

Der Speer in brauner Erde steht?

Der aus vom Kampf noch blut'gen Händen

Die Körner in die Furche wirft,

So mit dem Pflug von End' zu Enden

Ein jüngst vertriebnes Volk geschürft?

Nein, den Genossen meines Blutes

Erkenn' ich, da ich ihm genaht,

Der langsam schreitend, schweren Mutes

Die Flur bestäubt mit Aschensaat.

Die müde Scholle neu zu stärken,

Lässt er den toten Staub verwehn;

So seh' ich ihn in seinen Werken

Gedankenvoll und einsam gehn.

Grau ist der Schuh an seinem Fusse,

Grau Hut und Kleid, wie Luft und Land;

Nun reicht er mir die Hand zum Grusse

Und färbt mit Asche mir die Hand.

Das alte Lied, wo ich auch bliebe,

Von Mühsal und Vergänglichkeit!

Ein wenig Freiheit, wenig Liebe,

Und um das Wie der arme Streit!

Wir dürfen selbst das Korn nicht messen,

Das wir gesät aus toter Hand;

Wir gehn und werden bald vergessen,

Und unsre Asche fliegt im Land!