Krötensage (Gottfried Keller)
Des Berges alte Wangen sind
Von Maiensonne beschienen;
Sie lächeln unter Quellenglanz,
Die Schilfe, die Farren ergrünen.
Die Kröte springt aus dem Kieselstein,
Ein Hirt hat ihn zerschlagen;
Sie schaut verdrossen die Scherben an
Und sie beginnt zu sagen:
"Viel tausend Jahre bin ich alt
Samt diesem Futterale!
Es schob vom hohen Felsgebirg
Allmählich mit mir zu Tale.
Doch manchmal in der Wasser Sturz
Sind wir gewaltig gesprungen;
Dann hat's um meine dunkle Klausur
Gesungen und geklungen.
Und wie mir ist - ich weiss es nicht,
Noch was ich getrieben indessen;
Ich hab' im mindesten nichts gelernt
Und hatte nicht viel zu vergessen.
So hab' ich ein langweilig Stück
Unsterblichkeit erworben;
Hätt' ich getrunken lebendige Luft,
Längst wär' ich vernünftig gestorben."