Friedrich Gottlieb Klopstock

Der Freyheitskrieg (Friedrich Gottlieb Klopstock)

             

Weise Menschlichkeit hat den Verein zu Staaten erschaffen,

    Hat zum Leben das Leben gemacht!

Wilde leben nicht; sie sind jetzt Pflanzen, dann athmen

    Sie als Thier' ohne Seelengenuß.

Hoch stieg in Europa empor des Vereins Ausbildung,

    Naht dem letzten der Ziele stets mehr;

Ist nicht des Zeichners Entwurf, ist beynahe Künstlervollendung,

    Raphaels, oder Angelo's Werk,

Raphaels, oder Angelo's Werk, wenn der Zauber der Farb' auch

    Hier und da Verzeichnung beschönt.

Aber so bald die Beherscher der Nazionen statt ihrer

    Handeln; dann gebeut kein Gesetz,

Das dem Bürger gebeut, dann werden die Herschenden Wilde,

    Löwen, oder entzündendes Kraut.

Und jetzt wolt ihr sogar des Volkes Blut, das der Ziele

    Letztem vor allen Völkern sich naht,

Das, die belorberte Furie, Krieg der Erobrung, verbannend,

    Aller Gesetze schönstes sich gab;

Wolt das gepeinigte Volk, das Selbsterretter, der Freyheit

    Gipfel erstieg, von der furchtbaren Höh,

Feuer und Schwert in der Hand, herunter stürzen, es zwingen

    Wilden von neuem dienstbar zu seyn;

Wolt, daß der Richter der Welt, und, bebt, auch eurer, dem Menschen

    Rechte nicht gab, erweisen durch Mord!

Möchtet ihr, ehe das Schwert von der Wunde triefet, der Klugheit

    Ernste, warnende Winke verstehn!

Möchtet ihr sehn! Es entglüht schon in euren Landen die Asche,

    Wird von erwachenden Funken schon roth.

Fragt die Höflinge nicht, noch die mit Verdienste gebornen,

    Deren Blut in den Schlachten euch fließt;

Fragt, der blinken die Pflugschaar läßt, die Gemeinen des Heeres,

    Deren Blut auch Wasser nicht ist:

Und durch redliche Antwort erfahret ihr, oder durch lautes

    Schweigen, was in der Asche sie sehn.

Doch ihr verachtet sie. Spielt denn des neugestalteten Krieges

    Nie versuchtes, schreckliches Spiel,

Alzuschreckliches! Denn in den Kriegen werden vergötzten

    Herschern Menschenopfer gebracht.

Sterbliche wissen nicht, was Gott thun wird: doch gewahren

    Sie, wenn große Dinge geschehn,

Jetzt sein langsames Wandeln, jetzt donnernden Gang der Entscheidung,

    Der mit furchtbarer Eil' es vollbringt.

Wer zu täuschen vermag, und mich liebt, der täuscht den Erlebung

    Wünschenden, weissagt donnernden Gang.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-001391-7
Erschienen im Buch "Oden"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.