Friedrich Schiller

Die Worte des Wahns (Friedrich Schiller)

           

Drei Worte hört man, bedeutungschwer,

    Im Munde der Guten und Besten.

Sie schallen vergeblich, ihr Klang ist leer,

    Sie können nicht helfen und trösten.

Verscherzt ist dem Menschen des Lebens Frucht,

So lang er die Schatten zu haschen sucht.

So lang er glaubt an die goldene Zeit,

    Wo das Rechte, das Gute wird siegen -

Das Rechte, das Gute führt ewig Streit,

    Nie wird der Feind ihm erliegen,

Und erstickst du ihn nicht in den Lüften frei,

Stets wächst ihm die Kraft auf der Erde neu.

So lang er glaubt, daß das buhlende Glück

    Sich dem Edeln vereinigen werde -

Dem Schlechten folgt es mit Liebesblick;

    Nicht dem Guten gehöret die Erde,

Er ist ein Fremdling, er wandert aus

Und suchet ein unvergänglich Haus.

Drum, edle Seele, entreiß dich dem Wahn

    Und den himmlischen Glauben bewahre!

Was kein Ohr vernahm, was die Augen nicht sahn,

    Es ist dennoch das Schöne, das Wahre!

Es ist nicht draußen, da sucht es der Thor;

Es ist in dir, du bringst es ewig hervor.

Verfügbare Informationen:
Erschienen im Buch "Schillers Sämmtliche Werke, Erster Band"
Herausgeber: J. G. Cotta'sche Buchhandlung