Friedrich Schiller

Der Pilgrim (Friedrich Schiller)

     

Noch in meines Lebens Lenze

    War ich, und ich wandert' aus,

Und der Jugend frohe Tänze

    Ließ ich in des Vaters Haus.

All mein Erbtheil, meine Habe

    Warf ich fröhlich glaubend hin,

Und am leichten Pilgerstabe

    Zog ich fort mit Kindersinn.

Denn mich trieb ein mächtig Hoffen

    Und ein dunkles Glaubenswort,

Wandle, rief's, der Weg ist offen,

    Immer nach dem Aufgang fort.

Bis zu einer goldnen Pforten

    Du gelangst, da gehst du ein,

Denn das Irdische wird dorten

    Himmlisch, unvergänglich sein.

Abend ward's und wurde Morgen,

    Nimmer, nimmer stand ich still;

Aber immer blieb's verborgen,

    Was ich suche, was ich will.

Berge lagen mir im Wege,

    Ströme hemmten meinen Fuß,

Über Schlünde baut' ich Stege,

    Brücken durch den wilden Fluß.

Und zu eines Stroms Gestaden

    Kam ich, der nach Morgen floß;

Froh vertrauen seinem Faden,

    Werf' ich mich in seinen Schooß.

Ach, kein Steg will dahin führen,

    Ach, der Himmel über mir

Will die Erde nicht berühren,

    Und das Dort ist niemals hier!

Verfügbare Informationen:
Erschienen im Buch "Schillers Sämmtliche Werke, Erster Band"
Herausgeber: J. G. Cotta'sche Buchhandlung