Prolog zum Solimann (Christoph Martin Wieland)
gehalten in Erfurt von Madam Abbt.
1769.
Von allen Sterblichen die diesen Erdenball
Zum Schauplatz ihrer Thorheit machen,
Und zum beweinen viel, doch zehnmal mehr zum lachen
Uns geben, ist sonder Streit ein Mann, dem ein Serall
Zu Diensten steht, das stolzeste Geschöpf.
Ein Sultan! - in der That, es ist ihm zu verzeihn,
Was ihn umgiebt ist Sclav; nur er - nur er allein
Darf, was er will, und zieht die armen Tröpfe
Wie Marionetten am Drat. Er winkt - so fliegen die Köpfe
Von Bassen und Großvezieren, wie weggeblasen, herab.
Und, daß er fähig sey, durch einen schönen
Geliebten Kopf, sein Heer im Nothfall zu versöhnen,
Ist eine Heldenthat, von welcher an Irenen
Der zweyte Mahomet das schwarze Beyspiel gab.
Nur noch ein Wort! Ihr Gönner unsrer Kunst!
Thalie hoffet nicht, sucht nicht in eurer Gunst
Durch Schmeicheleyn sich einzustehlen.
Ihr schätzt Verdienste nur - doch wann uns diese fehlen -
So möge wenigstens das eyfrigste Bemühn
Euch zu vergnügen, uns den Weg zu eurem Beyfall bahnen,
Und heißt das Schicksal uns aus euren Mauern ziehn,
So denkt mit Huld an Roxelanen!