Christian Hofmann von Hofmannswaldau

Lob-rede an das liebwertheste frauen-zimmer (Christian Hofmann von Hofmannswaldau)

         

HOchwerthes jungfern-volck / ihr holden anmuths-sonnen /

    Ihr auserwehlter schmuck / der hauß und gassen ziert.

Wer ist so steinern / der euch nicht hat lieb gewonnen?

    Und welchen habt ihr nicht mit fesseln heimgeführt?

Wer ist so kühn / der darff für eure augen treten /

    Wenn ihr die waaren habt der schönheit ausgelegt?

Wer will euch / liebste / nicht als einen Gott anbeten /

    Weil ihr das bildnis seyd / das Venus selbst geprägt.

Jedoch ich will nur bloß ein theil von dem berühren /

    Mit welchem die natur euch herrlich hat versehn.

Der sinnen schiff soll mich in solche länder führen /

    Wo auff der see voll milch nur liebes-winde wehn.

Die brüste sind mein zweck / die schönen marmel-ballen /

    Auf welchen Amor ihm ein lust-schloß hat gebaut;

Die durch das athem-spiel sich heben und auch fallen /

    Auf die der sonne gold wolriechend ambra thaut.

Sie sind ein paradieß / in welchem äpffel reiffen /

    Nach derer süssen kost iedweder Adam lechst /

Zwey felsen / um die stets des Zephirs winde pfeiffen.

    Ein garten schöner frucht / wo die vergnügung wächst.

Ein über-irrdisch bild / dem alle opffern müssen.

    Ein ausgeputzt altar / für dem die welt sich beugt.

Ein crystallinen qvell / aus welchem ströme flüssen /

    Davon die süßigkeit den nectar übersteigt.

Sie sind zwey schwestern / die in einem bette schlaffen /

    Davon die eine doch die andre keinmal drückt.

Zwey kammern / welche voll von blancken liebes-waffen /

    Aus denen Cypripor die göldnen pfeile schickt.

Sie sind ein zeher leim / woran die sinnen kleben;

    Ein feuer welches macht die kältste hertzen warm;

Ein bezoar der auch entseelten giebt das leben;

    Ein solcher schatz / für dem das reichthum selbst ist arm.

Ein kräfftig himmel-brod / das die verliebten schmecken;

    Ein alabaster-hauß / so mit rubinen prahlt;

Ein süsser honigseim / den matte seelen lecken;

    Ein himmel / wo das heer der liebes-sterne strahlt.

Ein scharff-geschliffen schwerd / das tieffe wunden hauet /

    Ein rosen-strauch / der auch im winter rosen bringt.

Ein meer / worauff man der Syrenen kräffte schauet /

    Von denen der gesang biß in die seele dringt.

Sie sind ein schnee-gebürg / in welchem funcken glimmen /

    Davon der härtste stahl wie weiches wachs zerfleust.

Ein wasser-reicher teich / darinnen fische schwimmen /

    Davon sich sattsam ein verliebter magen speist.

Sie sind der jugend lust / und aller kurtzweil zunder /

    Ein krantz / in welchem man die keuschheits-blume sieht.

Sie kürtzen lange zeit / und stifften eitel wunder /

    Weil beydes glut und schnee auff ihrem throne blüht.

Sie sind ein runder sarg / wo liebe liegt begraben /

    Ein ditrich / welcher auch des hertzens grund auffschleust /

Ein ort / in dem nur lust will sitz und wohnstadt haben /

    In dessen hölen milch und nectar häuffig fleust.

Zwey fässer / welche sind mit julep-safft erfüllet /

    Lockvögel / derer thon ein freyes hertze bindt;

Zwey sonnen / welche zwar mit dünnem flor umhüllet /

    Doch macht ihr heller blitz die klärsten augen blind.

Sie sind ein zart gewand von schwanen-weisser seide /

    Daran man sehen kan / wie ieder faden steht /

Zwey hügel / derer höh' bedecket ist mit kreide /

    Zwey fläschgen / denen nie der wollust milch entgeht.

Zwey brünne / da nur stets gesunde wasser quellen /

    Und wo die dürre nicht der adern marck aussaugt.

Zwey jäger / welche zahm und wilde thiere fällen /

    Wo keines wird verschont / was nur zu fangen taugt.

Zwey schnee-balln / welche doch unmöglich schmeltzen können /

    Womit das jungfern-volck der männer seelen schmeist.

Zwey aufgestellte garn / und schlingen freyer sinnen /

    Aus denen gar kein mensch / wie klug er ist / entreist.

Zwey kräme / wo man huld und freundlichkeit ausleget /

    Und wo ein rother mund nur kan der kauffmann seyn.

Zwey körb' / in welchen man bloß marcipan feil träget /

    Nach dessen süßigkeit die lippen lechsend schreyn.

Zwey thürme / derer pracht von elffenbein vollführet /

    Darauff Cupidens pfeil die wache fleißig hält.

Zwey kleinod / derer glantz der jungfern leiber zieret /

    Wenn ihre freundligkeit den männern netze stellt.

Sie sind ein blasebalg / ein feuer auffzufachen /

    Das durch kein mittel nicht kan werden ausgelöscht.

Zwey bette / wo rubin und marmel hochzeit machen /

    Wo süsse mandel-milch der rosen scharlach wäscht.

Sie sind ein see-compas / der hurtig rudern heisset /

    Eh man in hafen der vergnügung wird gebracht.

Ein reiner thron / auff dem der liljen silber gleisset /

    Worauff verliebtes volck nur hat zu sitzen macht.

Ein werthes heiligthum / das keusche lippen küssen /

    Für dem sich hertz und knie in tieffster demuth neigt.

Ein meer / aus dem sich lust und liebligkeit ergiessen /

    Ein bergwerck / dessen grund zwey demant-steine zeigt.

Doch niemand lobt den brauch die kugeln zu verdecken /

    Darauff man sehen kan wo lieb- und lust-land liegt.

Ach schönste! glaubet mir ihr möget sie verstecken /

    Ein liebes-auge hat dem allen obgesiegt

Orontes selbst bezeugt / daß kein verbergen nutze /

    Der brüste Pharos' hat durch zart gewand geleucht.

Er ruht im liebes port ietzt unter ihrem schutze /

    Wenn uns ein rauher sturm noch um die segel streicht.

Wol dem nun / der wie er kan so vergnüget leben!

    Den so ein weisser schild für wehmuths-wunden schützt!

Der seinem munde kan dergleichen zucker geben /

    Der so vergnügt / wie er / im liljen-garten sitzt!

Der so die blumen mag auff weissen wiesen brechen;

    Der aus der brüste schacht rubin und demant gräbt.

Der rosen samlen kan ohn einzig dornen-stechen;

    Der von der speiß und krafft der süssen äpffel lebt.

Dem so das glücke blüht / den es so bruder nennet /

    Dem eine runde brust kan pfühl und polster seyn.

Der in der liebsten schooß mit vollem zügel rennet /

    Der seiner Venus so flößt liebes-balsam ein.

Verfügbare Informationen:
ISBN: 3-15-008889-5
Erschienen im Buch "Gedichte"
Herausgeber: Philipp Reclam jun.