Epistel (August von Platen)
Du, des Gedichts wohlwollender Freund und des strebenden Dichters
Freund, du, welchen der Kunst glühende Liebe beseelt,
Wirst mit dem Tadel mich nicht unwürdiger Muße verletzen,
Die ich im stillen Bezirk dieser Gefilde gesucht.
Wie mir aber allein hingehn die geflügelten Tage,
Fragst du, während ich fern lebe der städtischen Welt?
Doch wer ist's, der sich zu dem einsam wallenden Jüngling,
Als willkommener Freund, bildend und liebend gesellt?
Flaccus, apulischer Sänger, du bist's! Frohsinnige Weisheit
Lehren, und glücklichen Mut, deine Gesänge das Herz:
Mäßig im Lauf der vergänglichen Zeit zu genießen, gebeutst du,
Neben die Bilder des Tods stellst du der Freude Pokal;
Führst mich nach dem beglückten Tarent, ins ländliche Tibur,
Wo du die Wunder von Rom, ohne zu seufzen, entbehrst;
Oder ich lerne von dir, zum kühlen Präneste dir folgend,
Wie man sinnigen Geists lese den Vater Homer.
Wahres verkündetest du, denn selbst in die Wälder des Nordens
Drang des latinischen Lieds blühende Stimme hindurch:
Deines Augusts Altäre zerbröckelten, deine Gesänge
Nicht, ums römische Haupt fliegen dir Vögel des Ruhms.
Strebt auch mancher wie du, stets hofft er die Krone vergebens,
Und es bewahrt kein Baum köstliche Zweige für ihn.
Einst wohl trauert er noch um der Jahre verschwendetes Opfer:
Leicht zwar ist der Besitz, doch das Erringen, wie schwer!
So um den blendenden Nacken der Fürstin bilden die Perlen
Zierliche Ketten, sie trägt stolz ihr Geschmeide zur Schau;
Aber bedenkt sie, wie oft in zerbrechlicher Glocke der Taucher
Um den entbehrlichen Schmuck fuhr in die Tiefe des Meers?